Darum sind Serien so beliebt

Gefühlt jede Woche startet eine neue Serie bei Netflix oder Amazon Prime. Was ist daran so faszinierend?

Von Annalena Grote

Wo man hinsieht und wo man hinhört, ob im Zug oder im Freundeskreis: alles scheint sich derzeit nur um Serien, neue Staffeln und neue Folgen zu drehen. Auf dem Tablet, auf dem Smartphone oder auf dem Fernseher zu Hause. Normal Fernzusehen scheint total out zu sein. Warum lieben es alle im Moment, Serien zu schauen?

„Serien sind schon sehr lange beliebt“, sagt der Medienforscher Niels Penke von der Universität Siegen. Die Idee eine Geschichte ohne ein richtiges Ende zu haben gab es schon im 18. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert waren es erste Romanserien, später dann Comics, und seit der Einführung des Fernsehens hat es eigentlich immer irgend­ welche Serien gegeben wie Lassie oder Bonanza. „Der Reiz von Serien liegt darin, dass wir eigentlich abgeschlossene Geschichten gewöhnt sind, daher wollen wir wissen, wenn uns etwas interessiert, wie es weiter­ bzw. ausgeht“, erklärt Niels Penke die Idee dahinter.

Doch heute gibt es viel mehr Serien, daher ist für fast jeden etwas dabei. Außerdem laufen­ sind die meisten Serien heute nicht mehr im Fernsehen, sondern sind im Internet abzurufen. Auf grossen deutschen Streamingplattformen wie Netflix, Amazon Prime oder Disney+ kann man sie jederzeit abrufen, rund um die Uhr, ohne eine Woche warten zu müssen bis die nächste Folge kommt.


Diese Streamingportale nutzen die Deutschen (Quelle: obs/AGF)

Immer mehr Streamingportale produzieren mittlerweile selbst eigene Serien und stecken sehr viel Geld da rein. Auch Disney hat im
Jahr 2019 seinen eigenen Streamingdienst gestartet und produziert dafür eigene Serien. Da der Kunde an die Streamingdienste eine monatliche Gebühr bezahlt oder die Serie ausleiht, gibt es auch keine störende Werbung wie im Fernsehen. Andererseits müssen die Streaminganbieter so gute Serien erschaffen, dass ihre Kunden bereit sind, da­ für jeden Monat Geld auszugeben.

Besonders beliebt sind Serien mit komplizierten und breit gefächerten Geschichten und Charakteren, die sich im Laufe der Serien weiter entwickeln und mit dem Zuschauer „wachsen“. Die Charaktere zu erleben wie sie sich weiter entwickeln ist so als würde man mit den Menschen auch im realen Leben befreundet sein. Man fiebert mit den Schauspielern mit. Außerdem lernt man die Gegend, in der die Serie spielt, neue Menschen, neue Bräuche und die Geschichte kennen. Das macht auch den Reiz aus, aus anderen Ländern Serien zu schauen.

Umfragen zeigen, dass mittlerweile 3 von 4 Deutschen Serien schauen. Ein grosser Teil da­ von schaut sogar täglich. Dadurch hat die Zeit, die viele Menschen für Serien verwenden, gegenüber früher deutlich zugenommen, was an der ständigen Verfügbarkeit liegt. „Demgegenüber werden weniger Filme geschaut und es wird auch weniger gelesen“, sagt Niels Penke. Das geht inzwischen soweit, dass man manche Serien einfach gesehen haben muss, um im Freundeskreis und in der Schule mitreden zu können.

Vor allem Serien aus den USA sind hierzulande sehr beliebt. In Amerika sind im Jahr 2018 fast 500 neue Serien entstanden. Zwar gibt es auch deutsche Serien wie GZSZ, Lindenstrasse oder ähnliches. Die werden allerdings weniger spektakulär und mit weniger Geld inszeniert als zum Beispiel Game of Thrones oder Stranger Things.

Allerdings, so Niels Penke, ebbt jeder Trend auch einmal ab. Wann das bei Serien der Fall sein wird, kann keiner sagen. „Wenn es nicht mehr gelingt, die neuen Serien spektakulär zu vermarkten und das Interesse abnimmt, wird schließlich auch das Angebot zurückgehen“. Was dann als nächstes kommt, das ist allerdings noch völlig offen. „Dass aber weiterhin gute Geschichten erzählt werden, davon ist auszugehen“.

(aus JOSEFine
Dezember 2018)